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Die verminte Wohlfühldiktatur – oder: eine Beleidigung des freien Denkens

Es dürften mittlerweile die meisten mitbekommen haben, dass wir zunehmend in einem Land des betreuten Denkens leben, das uns hinsichtlich fast aller Lebensaspekte auf den richtigen Weg hinweist und in dem es mittlerweile hauptsächlich darum geht, dass sich alle wohlfühlen, natürlich vorausgesetzt sie stehen auf der richtigen Seite. Denn bei allem Bemühen, jegliche Form möglicher Diskriminierung sprachlich und anderweitig zu unterbinden, ist eines klar: Wohlfühlen sollen sich nur diejenigen, die der allgemeingültigen Meinung Beifall klatschen, brav in den Mainstream einscheren und bloß nicht auf die Idee kommen, eigene Gedanken und Ideen zu entwickeln. Wer sich an diese Regel nicht hält, muss die Konsequenzen selbstverständlich entsprechend tragen: Ausgrenzung aus der Gesellschaft, Kampagnen der Diffamierung und Diskreditierung, Verlust von Ansehen und Job, Einsamkeit. Damit niemand behaupten könnte, er hätte von der allgemein gültigen Meinung nichts gewusst, wird diese täglich auf sämtlichen digitalen und analogen medialen Kanälen pausenlos wiederholt.

Die möglichen Lücken des Mainstream-Wissens füllen die Politiker: Sie erklären uns hingebungsvoll, wie man sich richtig die Hände wäscht, wie man richtig heizt, wie man einen Waschlappen benutzt, wie lange man duschen darf, dass wir bei sommerlicher Hitze ausreichend trinken müssen und wo wir bei der Wahl ein Kreuz machen dürfen und wo nicht.

Es ist bestens für uns gesorgt. Und wenn wir einmal trotzdem nicht weiter wissen sollten, gibt es ja noch Alexa, Google und ChatGPT. Es gibt Antworten auf all unsere Fragen, 24/7. Wir sind eingeladen uns wohlzufühlen. Und es ist doch praktisch, wenn man nicht mehr zu denken braucht. Hat da etwa irgendjemand Einwände? Wieder einer von diesen notorischen Selbstdenkern oder gar Querdenkern? Der wird schon sehen, was er davon hat, wenn er sich wiederfindet in der genderfreien Antiwohlfühlzone. Denn dann gehört man auch mal ganz schnell zur Tyrannei der Selbstdenker oder zum braunen Abschaum.

Also besser mitmachen und sich an das halten, was Papa Staat – oder heißt es jetzt Mama Staat – oder was-auch-immer Staat – also das Land, in dem wir leben, uns sagt: Schön die Gendersternchen an der richtigen Stelle setzen, keine Rastalocken tragen, die dauerbrummende Wärmepumpe vor das Haus stellen, immer schön zur Impfung gehen und alle Bücher wegwerfen, in denen Winnetou, Zigeunerschnitzel und alte weiße Männer vorkommen. Apropos alte weiße Männer: Sollten Sie zu der Gattung gehören, haben Sie wirklich Pech gehabt, denn Sie tragen Schuld – an allem, was so schief gelaufen ist - Sie haben einfach die falsche Hautfarbe und das falsche Alter, und wohlfühlen sollen Sie sich auch nicht. Sie stehen unter Generalverdacht für alle möglichen Missetaten, gewöhnen Sie sich daran.

Das betreute Denken hantiert sehr gern mit Verboten, Drohungen und jeder Menge Einschränkungen. Da der neue Autoritarismus es aber auf jeden Fall vermeiden möchte, als ein solcher zu erscheinen, hüllt er sich in gepuderte Wortblasen mit glitzernden Gendersternchen und schwebt ganz betörend an uns heran. Man verbietet nicht, mit dem Verbrenner-Auto in die Stadt zu fahren – nein, man schafft nur immer weiter die Parkplätze ab, macht die Straßen immer enger, macht die Zufahrtsstraßen zu Dauerbaustellen und führt einen Nervenkrieg. Man verbietet nicht so viel zu heizen, dass man nicht friert, aber man lässt die Energiekosten so explodieren, dass nur noch die Reichsten sich ausreichendes Heizen leisten können.

Am liebsten argumentiert der neue Autoritarismus moralisch – wer zu den Guten gehört und auf der richtigen Seite steht mit allen Folgen eines besseren Selbstwertes und der Sicherheit sozial abgefedert zu sein, fährt dann ein E-Auto, fliegt nicht mehr mit dem Flugzeug, isst keine Schnitzel, lebt bei 17 Grad im Winter und setzt ordnungsgemäß die Gendersternchen.

Ausnahmen gibt es in dieser Staats- und Denkform nicht. Das Individuum hat sich bedingungslos dem Kollektiv unterzuordnen. In Coronazeiten zeigte es sich bereits sehr deutlich, welcher Wind nun weht: Eine Maske ist jedem zuzumuten. Wer darunter Panikattacken oder Flashbacks bekommt oder sie aus anderen Gründen nicht tragen kann, hat Pech gehabt. Auch für diesen Menschen endet an dieser Stelle die Wohlfühlzone und er hat mit entsprechenden Anfeindungen zu leben, für die sich die Antidiskriminierungsstellen auch nicht zuständig fühlen. Wer keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen kann und auf ein eigenes Auto angewiesen aufgrund von schweren Erschöpfungszuständen, Autismus oder Angststörungen, und daher nicht mehr in die autofreien Zonen der Stadt gelangen kann, hat auch Pech gehabt. Jeder kann öffentliche Verkehrsmittel benutzen – fertig, aus. Weiter gedacht wird hier nicht, Ausnahmen gibt es nicht. Das ist dann so wie bei den alten weißen Männern – einfach Pech gehabt, im Zweifel eben die falsche Krankheit zur falschen Zeit. Darauf kann man keine Rücksicht nehmen. Und so steigt die Zahl derer, die sich in unserer Wohlfühldiktatur auf der anderen Seite wiederfinden, zunehmend an. Jenseits der Gemütlichkeitszone, der Zone der Guten, der richtig Denkenden, der Folgsamen wächst die Gruppe derjenigen, für die es keine Gendersternchen und keine Antidiskriminierungsregeln gibt.

Der neue Autoritarismus ist recht einfach gestrickt, sein Grundsatz ist: Bist du nicht für mich, bist du gegen mich. Er lässt keine Grauzonen mehr zu, in denen möglicherweise noch jemand anfängt, sich seine eigenen Gedanken zu machen und irgendetwas abzuwägen. Wer nicht für die Corona-Maßnahmen ist, ist ein Covidiot. Wer gegen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete ist, ist rechts. Wer für Frieden ist, ist ein Lumpenpazifist. Wer für Menschenrechte einsteht, unabhängig von Religion und Hautfarbe, ist ein nicht tragbarer Zeitgenosse. Welcher Krieg, welcher Konflikt, welche Pandemie auch immer gerade stattfinden – es ist sehr klar vorgegeben, wie man sich dazu zu positionieren hat.

In einem Land, wo so klar geregelt ist, was und wie man zu denken hat, kann man natürlich viele Fehler machen. Wie schnell hat man in alter Gewohnheit Mohrenkopf oder Negerkuss gesagt, wie nachlässig hat man etwas zwar grammatikalisch Korrektes, aber falsch Gegendertes ausgesprochen, wie verwerflich lässt man sein Kind als Indianer zum Karneval gehen und wie fahrlässig besucht man ein Konzert von einem Sänger mit der falschen Frisur. Wir bewegen uns täglich durch sprachlich und moralisch vermintes Gelände, wir können ständig stolpern, wenn wir die Denkregeln unserer neuen Wohlfühldiktatur nicht verinnerlicht haben.

Darum besser jeden Abend Tagesschau ansehen und sich eine tägliche Auffrischung für den richtigen Denkweg geben lassen!